Sonntag, 20. Dezember 2009

Brief an die deutsche Linke

Das Neue Deutschland veröffentlichte am Wochenende einen offenen Brief des israelischen Menschenrechtsanwaltes Yossi Wolfson an die deutsche Linke:

(…) Als Linker hat man es in Israel nicht immer einfach. Natürlich, die Juden unter uns (und vor allem die mit europäischem Hintergrund) genießen viele Privilegien, und man kann die Risiken, die wir eingehen, nicht mit dem Preis vergleichen, den palästinensische Linke zahlen. Und trotzdem wurden auch von uns schon viele wegen ihrer politischen Aktivitäten von den Sicherheitskräften festgenommen, verprügelt, verhört und gedemütigt. Die Einschränkungen der Rede- und Demonstrationsfreiheit sind systematischer Art, und immer häufiger tragen viele meiner Freundinnen und Freunde Narben davon, die ihnen durch die Geschosse israelischer Soldaten zugefügt wurden.

Ich wußte aber immer, daß die internationale Linke solidarisch hinter uns steht. Ich wußte immer, daß ich von linken internationalen Bewegungen nicht nur Zustimmung und moralische Unterstützung erwarten kann, sondern ganz reale Unterstützung. Die israelische Regierung reagiert sehr empfindlich auf die internationale öffentliche Meinung. Der Staat Israel ist abhängig von der politischen und wirtschaftlichen Hilfe vieler Staaten, und ich wußte, wenn meine Freunde und ich angegriffen werden, muß das israelische Außenministerium mit ernsten Nachfragen rechnen. Ich wußte, wenn die europäischen Regierungen und die der USA von Israel keine Zurückhaltung fordern, müssen sie in ihren Ländern mit Demos und Protesten von meinen linken Freunden rechnen. Diese Sicherheit und dieses Vertrauen in die internationale Solidarität hat mir immer Stärke und Hoffnung gegeben.

Wenn ihr Euch die Mühe gegeben habt, bis hierhin zu lesen, wird Euch der Schock, den ich bei meinem letzten Deutschland-Besuch erlebte, nicht überraschen. Da wurde mir nämlich klar, daß es in der deutschen Linken eine lautstarke Gruppe gibt, die die Solidarität mit meinem Kampf als antisemitisch bezeichnet und mich selber als einen mit Selbsthaß infizierten Juden. (...) Während ich gegen das militärische Vorgehen der israelischen Regierung demonstriere, wird diese nicht nur von den Herrschenden in Westeuropa und den USA unterstützt, sondern auch von Demonstranten in Westeuropa, die sich als Nachfolger von Karl Marx verstehen. (…)

Es ist möglich, eine offene Debatte über die Politik im Nahen Osten zu führen. Das sollte aber nicht bedeuten, daß die Grundannahmen von Internationalismus und der Ablehnung von Kolonialismus und Unterdrückung aufgegeben werden. Man kann durchaus auch mit Leuten diskutieren, die diese Grundannahmen nicht teilen, aber man muß wissen, daß sie nicht zu trennen sind von einer linken Identität. Und wer sie fallen läßt, kann von sich nicht beanspruchen, ein Teil der Linken zu sein.

So kann man in der linken Bewegung und in der Linken mit Gruppen wie BAK Shalom über deren Agenda diskutieren, aber dabei darf die Tatsache nicht verschleiert werden, daß es eine rechte Agenda ist. Und eine Gruppe mit einer solchen Agenda kann auf keinen Fall integraler Teil einer Partei sein, die sich den anspruchsvollen Namen Die Linke gegeben hat.

Yossi Wolfsons Brief erscheint im Januar ungekürzt in dem von Sophia Deeg und Hermann Dierkes herausgegeben Sammelband »Bedingungslos für Israel?«, Neuer ISP Verlag.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2009/12-21/040.php

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